Praxisübernahmevertrag
Wichtige Regelungen beachten!
Lesezeit: 10 Min.
Wie schon die Approbation, die (erste) Kammeranmeldung oder die Assistenz- und Weiterbildungszeit zuvor, so bringt auch die Praxisübernahme einiges an rechtlichen Fragen mit sich. Folgend möchten wir das Thema Praxisübernahmevertrag und seine wichtige Regelungen näher beleuchten.
Eine Praxis ist gefunden, die Gespräche mit dem Abgeber schreiten gut voran und die Bank macht ein attraktives Finanzierungsangebot. Doch was kommt mit dem Übernahmevertrag auf Sie zu?
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Aus Sicht des Praxiserwerbers dient der Praxisübernahmevertrag nicht nur der Dokumentation der Einigung mit dem Praxisabgeber über den Kaufpreis, das Inventar oder das Übernahmedatum. Vielmehr sichert ein Praxisübernahmevertrag den Praxiserwerber sehr umfassend ab. Auch können sich aus der Gestaltung des Vertrags steuerliche Konsequenzen ergeben, die vor Vertragsschluss geprüft werden sollten. Daher ist eine Prüfung des Vertrags in rechtlicher wie auch steuerlicher Hinsicht dringend zu empfehlen.
Von Praxiserwerbern häufig nicht beachtet wird, dass § 75 der Abgabenordnung eine Haftung des Praxiserwerbers für Steuern vorsieht, bei welchen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb der Praxis gründet, obwohl diese die Zeit vor der Praxisübergabe betreffen. Gemeint sind hiermit insbesondere die Lohnsteuer, ggf. auch eine Umsatzsteuer. Daher sollte im Praxisübernahmevertrag eine entsprechende Verpflichtung des Verkäufers zur Erstattung für den Fall einer Inanspruchnahme des Erwerbers vorsehen.
Weiterhin zu beachten ist aus Erwerbersicht die Aufteilung des Kaufpreises auf das Praxisinventar und den ideellen Praxiswert. Da das Praxisinventar und der ideelle Praxiswert einer unterschiedlichen Abschreibungsdauer unterliegen, besteht hier ein gewisser Gestaltungsspielraum, der je nach den individuellen Verhältnissen nicht ungenutzt bleiben sollte.
Häufig verlangen Praxisabgeber eine Bankbürgschaft über den Kaufpreis. Aufgrund der hiermit verbundenen Kosten jedoch kann durchaus verhandelt werden, ob die Übermittlung der verbindlichen Finanzierungszusage der Bank über den Kaufpreis nicht gegebenenfalls dem Praxisabgeber als Sicherungsmittel ausreicht.
Für den erfolgreichen Praxisbetrieb von Bedeutung ist auch das Bestehen eines langfristigen Mietverhältnisses über die Praxisräume, zu welchem hier bereits ein Newsletter erschienen ist. Doch ob ein solcher tatsächlich zustande kommt, bzw. der laufende Mietvertrag vom Praxisabgeber auf den Erwerber übertragen werden kann, hängt von der Zustimmung des Vermieters ab. Gleichwohl kann es erforderlich sein, den Praxisübernahmevertrag bereits zu unterzeichnen, bevor eine endgültige Zusage des Vermieters vorliegt. In diesen Fällen sollte der Praxisübernahmevertrag daher eine Möglichkeit vorsehen, sich von diesem zu lösen, falls ein Mietvertrag nicht zustande kommen sollte. Problematisch wird die erfolgreiche Praxisübernahme ferner wenn eine Finanzierung des Kaufpreises scheitert oder aber eine Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung versagt wird.
Diese Fälle sind zwar selten, jedoch im Falle ihres Eintritts gravierend. Daher sollte für solche Situationen eine Möglichkeit zur Lösung von dem Praxisübernahmevertrag genauso vorgesehen werden wie für den Fall des Todes oder der Berufsunfähigkeit.
Zu regeln ist ferner die Übernahme von laufenden Verträgen beispielsweise der Wartungsverträge bzgl. der Behandlungsgeräte und Lizenzen der Praxisverwaltungssoftware, ferner ggf. Abonnements. Diese Übernahme ist nur mit Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners möglich, die zeitnah in Abstimmung mit dem Praxisabgeber eingeholt werden sollte. Eine gewisse Sonderstellung nimmt derzeit die Übernahme der Praxiswebsite, der Mailadresse der Praxis und der Praxisrufnummer ein. Denn spätestens aufgrund einer jüngeren Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestehen rechtliche Unsicherheiten, ob und unter welchen Bedingungen die vertragliche Übertragung dieser Kommunikationswege zur Unwirksamkeit des gesamten Praxisübernahmevertrags führen kann.
Wie bereits in einem früheren Newsletter beschrieben, führt der Praxiserwerb zu einer automatischen Übertragung aller bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den Praxiserwerber, sofern der jeweilige Mitarbeiter – nach entsprechender Aufklärung über diesen Betriebsübergang – nicht widerspricht. Damit am Tag der Praxisübernahme Planungssicherheit besteht, welche Arbeitsverhältnisse tatsächlich übergehen, sollte die Aufklärung der Mitarbeiter möglichst frühzeitig erfolgen.
Zu beachten ist auch, dass der Praxiserwerber nach dem Betriebsübergang aufgelaufene Überstunden oder Resturlaubsansprüche gegenüber dem Mitarbeiter zu tragen hat, was eine hohe finanzielle Belastung darstellen kann, gerade da Resturlaubsansprüche in der Praxis kaum verjähren oder verfallen. Hier hilft es aus Sicht des Erwerbers nur, sich seitens des Praxisabgebers versichern zu lassen, dass solche Ansprüche nicht mehr bestehen bzw. bis zur Übergabe der Praxis noch ausgeglichen werden, da nicht sicher ist, ob der Praxisabgeber noch greifbar ist und auf Ersatz dieses Schadens tatsächlich in Anspruch genommen werden kann.
Ferner sollte der Praxisübernahmevertrag auch in wirtschaftlicher Hinsicht für eine Absicherung des Praxiserwerbers sorgen. Diesbezüglich ist aus Sicht des Praxiserwerbers insbesondere die Vorlage entsprechender aktueller Betriebswirtschaftlicher Auswertungen der Praxis von großer Bedeutung, ferner der Honorarbescheide. Diese sollten verbindlicher Bestandteil des Praxisübernahmevertrags werden.
Der Praxisübernahmevertrag sichert damit die wesentlichen Interessen des Praxiserwerbers genauso ab, wie diejenigen des Praxisabgebers und sorgt für einen angemessenen Ausgleich dieser Interessen. Zugleich kann ein umfassender Praxisübernahmevertrag auch als Anleitung für die im Rahmen der Praxisübertragung erforderlichen Schritte dienen.
Dr. Pütz, Zimmer und Partner mbB – Rechtsanwälte – Steuerberater
Von Jens Schuchmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
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